„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, so sagt es schon der Volksmund. Venture-Capital-Investoren ist dies bekannt, weshalb sie ihr Kapital auf junge Unternehmen setzen, obwohl diese ihre Leistungsfähigkeit bislang noch nicht wirklich unter Beweis stellen konnten. Sehr passend firmiert Venture Capital im Deutschen daher auch unter dem Begriff Wagniskapital.
Ein Teilbereich des Venture-Capital-Marktes hat in den letzten Jahren deutlich an Zugkraft gewonnen: Pre-Seed-Investments. Der Zürcher Finanzunternehmer Artan Qelaj zeigt auf, welche Rolle Europa bei der rasanten Entwicklung des Pre-Seed-Marktes spielt.
Aufwärtstrend bei den weltweiten Pre-Seed-Geschäften
Pre-Seed-Finanzierungen sind in den letzten zehn Jahren enorm in der Anlegergunst gestiegen. Das geht aus dem neuen Pre-Seed-Datensatz von PitchBook hervor: Während 2016 weltweit noch 1.418 Transaktionen in dieser Finanzierungsphase abgeschlossen wurden, waren es 2019 bereits 1.781. Das kommt einem Anstieg von 25,6 Prozent innerhalb von drei Jahren gleich. Über die folgenden zwei Jahre wuchs die Zahl der weltweiten Pre-Seed-Deals um weitere 48,8 Prozent und erreichte 2021 mit 2.650 ihren bisherigen Höhepunkt.
Hinter dem Aufwärtstrend bei den weltweiten Pre-Seed-Finanzierungen steht nach Einschätzung der PitchBook-Analysten in erster Linie der Wunsch von Venture-Capital-Investoren, durch den Zugang zu Unternehmen in der Frühphase noch grössere Überrenditen als mit anderen Wagniskapitalanlagen zu realisieren.
Ein Blick auf die regionale Verteilung des Pre-Seed-Geschäfts zeigt, dass sich bei dem frühen VC-Geschäft in den letzten Jahren vor allem zwei Wirtschaftsräume hervorgetan haben: Wie Artan Qelaj hervorhebt, waren die USA und Europa Hauptakteure, die mit ihren regen Transaktionsaktivitäten das Wachstum des Pre-Seed-Marktes entscheidend vorangetrieben haben. So wurden von den weltweiten 2.650 Pre-Seed-Transaktionen des Jahres 2021 1.064 in den USA und 1.005 in Europa abgeschlossen. Amerikanische Venture-Capital-Investoren waren also für 40,2 Prozent der weltweiten Pre-Seed-Finanzierungen verantwortlich, während Europa einen Anteil von 37,9 Prozent am globalen Pre-Seed-Geschäfts auf sich vereinen konnte.
Doch um was handelt es sich eigentlich konkret bei Pre-Seed-Investments? Der Zürcher Finanzunternehmer Artan Qelaj erklärt.
Was ist die Pre-Seed-Phase?
Die Pre-Seed-Phase beschreibt eines der ersten Entwicklungsstadien eines Start-ups, noch vor der tatsächlichen Gründung. In dieser Phase formt sich das Gründerteam oft noch und arbeitet gemeinsam an der Entwicklung von Ideen für ein Geschäftsmodell. In diesem frühen Stadium werden noch keine Einnahmen generiert, vielmehr dient die Phase ausschliesslich der Ideenfindung, deren Ausreifung und der Prüfung von Umsetzbarkeit und Marktchancen.
Diese ersten Monate sind die wohl entscheidendsten für ein Start-up, da hier die Weichen für den zukünftige Erfolg gestellt werden. Da in dieser Frühphase in der Regel noch vergleichsweise wenig Kapital benötigt wird, finanzieren sich Start-ups oft über private Ersparnisse oder Kredite der Gründer oder über Gelder aus dem Freundes- oder Familienkreis. Manche Gründer nehmen aber auch in dieser Phase bereits Kontakt zu potenziellen Investoren in Form von Wagniskapitalgebern auf.
Nach Auffassung von Artan Qelaj sind Investitionen zu diesem ausgesprochen frühen Zeitpunkt der Unternehmensentwicklung durchaus riskant, schliesslich sind Konzept und Geschäftsmodell des Start-ups noch nicht ausgereift, geschweige denn praxiserprobt. Gleichzeitig gibt die Frühphasenfinanzierung Venture-Capital-Investoren jedoch die Möglichkeit, mit ihrem Kapital innovative und aussichtsreiche Gründungsvorhaben bereits in ihren Anfängen zu unterstützen.
Bild von Freepik